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Coronabriefe

Zehnter Coronabrief

Tapetenwechsel

Ludwigsburg, den 27. November 2020

Liebe Do,

es fiel mir in den letzten Tagen schwer, mit den Ereignissen Schritt zu halten, und wenn ich auch nie aufgehört habe, zu schreiben, so machte sich doch meinerseits zumindest auf diesen Seiten bei den Briefen ein Schweigen breit. Heute versuche ich es zu durchbrechen – mit einem Gedicht.

Ich grüße Dich herzlich!

Deine Dagmar


Hals über Kopf

Die Malermeisterin hängte die Tapeten auf.

Nun steht der Vogel Kopf,

baumelt häuptlings an den Zweigen

zwischen Granatäpfeln,

Blätter vorm Schnabel,

ein waghalsiger Akt.

Ich will nicht meckern (ich sage es der Malermeisterin nicht),

doch ich frage mich schon,

wie lange hält er es durch, auch wenn

die Welt längst in Schieflage kreist.

Es ist kein Geheimnis,

die Nachrichten verkünden es täglich,

dass manches anders geworden ist.

Man sagt, es sei nützlich bisweilen, die

Tapeten zu wechseln, weil mit dem

Wechsel der Tapeten auch

die Perspektiven sich änderten.

Kunststück, wenn einem

nicht schwindelig wird dabei.


Zuversicht … Foto Doris Behm

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