“And I thought maybe it is better to be locked out than to be locked in.”
Virginia Woolf
Bella, außen vor
für Virginia
Wir gehen nicht mehr aus.
Die Gasthöfe haben geschlossen.
Jedes Café, in dem wir einst saßen, die Hände um die
Tassen gelegt, dass sich unsere Fingerspitzen beim
Abstellen sacht streiften, ist zu.
Wir schließen die Läden.
Wir verriegeln die Türen.
Nur Bella, die Schöne, steht
auf der Straße, lehnt an den
Stufen, hält Wacht vor den
Toren, behütet den
Eingang, den Ausgang,
lüftet allenfalls leise lächelnd den
Hut, huscht jemand vorüber,
so eine wie ich, die den Hund an der
Leine hinter sich herzieht, mein einziger
Grund – sollte mich die Polizei fragen – trotz
Ausgangssperre abends nach acht noch im
Freien zu sein (nächtens verleihe ich den Hund an die
Nachbarn, denn die Nächte sind lang.)
Bella, du Schöne, stets bleibst du
außen vor.
Mag sein, dass ich dich früher deshalb bedauerte;
heute beneide ich dich darum.
Prompt höre ich eine andere, die in meinem
Kopf anfängt zu flüstern, Virginia, die fragt, ehe sie mit schweren
Steinen in den Manteltaschen in die Ouse steigt, ob es
nicht besser sei, ausgeschlossen zu werden, als
eingesperrt zu sein, und ich denke, während
Bella den Hut lupft und winkt:
Virginia, es wird dich
kaum trösten, doch
ich denke,
Bella und ich,
wir stimmen dir zu.
(Die Skulptur Bella der Künstlerin Eva-Maria Frey ziert u.a. den Eingang der Tourist-Information in Bad Sooden. Sie ist Botschafterin der Verbundenheit in dreißig hessischen Heilbädern und Kurorten.)